Wie viele Influencer in Österreich können wirklich von ihren Social-Media-Accounts leben? Die Antwort ist einfach: weniger als die meisten denken. Auf Instagram, TikTok oder YouTube sehen wir ständig Menschen, die mit Luxusurlauben, Designerklamotten und teuren Autos protzen. Es wirkt, als wäre das Leben eines Influencers der perfekte Traum - kein Chef, keine 9-to-5-Zwangsjacke, nur Content und Geld. Doch die Realität sieht anders aus. Die meisten Influencer in Österreich haben einen Nebenjob. Einige arbeiten sogar in Vollzeit außerhalb von Social Media - und nutzen ihre Accounts nur als Nebenverdienst.
Wie viel Geld verdient ein Influencer wirklich?
Ein Influencer mit 10.000 Followern in Österreich verdient im Durchschnitt zwischen 50 und 150 Euro pro Post. Das klingt nach viel, bis man rechnet: Wie viele Posts pro Monat kann man wirklich machen, ohne dass die Followerschaft abschaltet? Maximal 4 bis 6 sponsored Posts. Das ergibt 200 bis 900 Euro im Monat - weniger als ein Minijob. Und das ist nur, wenn die Marke überhaupt Interesse hat. Viele Klein-Influencer schicken monatelang Anfragen ab, ohne eine Antwort zu bekommen.
Wer über 100.000 Follower hat, kommt auf 500 bis 2.000 Euro pro Post. Klingt gut, aber die Kosten steigen auch: Content-Crew, Fotografen, Bearbeitungszeit, Reisekosten, Steuern, Versicherungen. Ein Influencer mit 200.000 Followern in Wien, der sich selbstständig macht, muss mit 40 bis 50 Prozent Abgaben rechnen. Nach Abzug von allem bleibt oft nur 30 bis 60 Prozent des Bruttogehalts übrig. Und das bei einer Arbeitszeit von 50 bis 70 Stunden pro Woche - nicht nur beim Posten, sondern auch beim Recherchieren, Verhandeln, Kundenkontakt, Terminplanung und Community-Management.
Wer kann davon leben? Nur eine kleine Spitze
In Österreich gibt es etwa 12.000 aktive Influencer mit mehr als 5.000 Followern. Davon leben laut einer internen Umfrage von Social Media Agenturen aus Graz und Wien nur etwa 150 Menschen vollständig von ihren Accounts. Das sind weniger als 1,3 Prozent. Diese 150 sind meistens: entweder extreme Nischen-Experten (z. B. Vegan-Bäcker mit 500.000 Followern), große Persönlichkeiten aus Fernsehen oder Radio, die sich auf Social Media verlagert haben, oder solche, die mit mehreren Plattformen und starken Markenverträgen arbeiten.
Ein Beispiel: Eine Influencerin aus Salzburg mit 180.000 Followern auf Instagram und 120.000 auf TikTok arbeitet mit drei festen Marken zusammen - eine Kosmetikfirma, ein Fitness-Brand und ein Reiseveranstalter. Sie macht monatlich 12 Posts, 8 Reels und 3 YouTube-Videos. Ihr Bruttogehalt liegt bei 12.000 Euro. Nach Steuern, Agenturprovisionen und Produktkosten bleibt ihr etwa 5.500 Euro netto. Das ist genug, um in Salzburg zu leben - aber nur, weil sie seit sieben Jahren konsequent arbeitet, keine Pause macht und fast jede Woche neue Inhalte produziert. Sie hat auch ein Team: eine Assistentin, einen Redakteur und einen Fotografen. Ohne das Team wäre das unmöglich.
Warum scheitern die meisten?
Die größte Falle: viele glauben, dass Followership = Geld. Das stimmt nicht. Es geht um Engagement. Ein Influencer mit 50.000 Followern und 3 Prozent Engagement (1.500 Interaktionen pro Post) ist wertvoller als einer mit 200.000 Followern und 0,5 Prozent Engagement. Marken zahlen für Ergebnisse - nicht für Zahlen. Wer nur Fotos von Kaffee und Sonnenuntergängen postet, ohne eine klare Nische, eine klare Zielgruppe oder einen klaren Mehrwert, wird nie eine Marke überzeugen.
Dazu kommt: Wer sich auf eine Plattform verlässt, lebt auf dünnem Eis. TikTok hat 2024 die Algorithmen geändert - viele Influencer verloren 70 Prozent ihrer Reichweite innerhalb von zwei Wochen. Instagram hat die Reels-Präferenz verstärkt, was viele Foto-Influencer komplett überfordert hat. Wer nicht flexibel ist, bleibt auf der Strecke.
Und dann gibt es noch den psychologischen Druck. Die meisten Influencer leiden unter Burnout, Vergleichsdruck und Identitätsverlust. Sie müssen ständig perfekt sein - und wenn sie mal nicht posten, denken ihre Follower, sie seien nicht mehr relevant. Viele geben auf, weil sie sich nicht mehr erkennen.
Was braucht man, um davon zu leben?
Wenn du wirklich davon leben willst, brauchst du mehr als einen guten Filter. Du brauchst:
- Eine klare Nische - nicht „Leben und Lifestyle“, sondern „Veganer Kochen für Single-Haushalte in Wien“ oder „Barrierefreie Reisen mit Rollstuhl in Österreich“.
- Ein echtes Publikum - nicht nur Zuschauer, sondern Menschen, die auf deine Meinung vertrauen und kaufen, wenn du es empfiehlst.
- Mindestens drei Einkommensquellen - Sponsored Posts allein reichen nicht. Dazu kommen Affiliate-Links, eigene Produkte (z. B. E-Books, Kurse, Merch), Mitgliedschaften oder Live-Events.
- Eine Business-Struktur - Einzelunternehmer, Kleingewerbe oder GmbH. Kein „ich mache das mal so“-Gefühl. Du brauchst Buchhaltung, Verträge, Rechnungen, Steuerberater.
- Langfristige Geduld - Es dauert 2 bis 4 Jahre, bis du erste stabile Einkünfte siehst. Wer nach 6 Monaten aufgibt, hat nie eine Chance.
Die Realität: Ein Job wie jeder andere
Ein Influencer ist kein Glückspilz - er ist ein Unternehmer. Er arbeitet wie ein Werbeagent, ein Medienproduzent, ein Verkäufer und ein Content-Manager zugleich. Die meisten, die davon leben, haben vorher andere Jobs gehabt - als Grafikdesigner, Marketingassistent, Lehrer oder Krankenpfleger. Sie haben Social Media nicht als Ausweg genommen, sondern als Werkzeug, um ihre Expertise zu skalieren.
Ein Bekannter aus Graz, der früher als Elektriker gearbeitet hat, hat vor drei Jahren angefangen, Videos über „Smart Home für Senioren“ zu machen. Heute hat er 140.000 Follower, verkaufte ein E-Book mit 3.000 Kopien, führt Online-Workshops durch und arbeitet mit drei österreichischen Technikmarken zusammen. Sein Einkommen liegt bei 8.000 Euro netto im Monat - und er arbeitet 45 Stunden pro Woche. Er sagt: „Ich mache das nicht, weil es leicht ist. Ich mache das, weil es mir Spaß macht und ich helfen kann.“
Was bedeutet das für dich?
Wenn du denkst, du könntest einfach ein paar Fotos posten und plötzlich Geld verdienen - dann wirst du enttäuscht. Wenn du aber eine echte Leidenschaft hast, eine klare Botschaft und die Bereitschaft, wie ein Unternehmer zu arbeiten - dann hast du eine Chance. Aber nicht als Influencer. Sondern als jemand, der Wissen teilt, Probleme löst und Menschen vertraut.
Die meisten, die es schaffen, sind nicht die Schönsten, die Lustigsten oder die Mit den meisten Followern. Sie sind die Beständigen. Die, die nicht aufhören, wenn es schwer wird. Die, die lernen, was wirklich zählt: Authentizität, Konsistenz und Nutzen.
Wie viele Influencer in Österreich können davon leben? Die Zahlen
Die offiziellen Zahlen gibt es nicht - aber die Branche schätzt:
- 12.000 aktive Influencer in Österreich (ab 5.000 Followern)
- 150 davon leben vollständig von Social Media
- 800 haben ein zusätzliches Einkommen von mehr als 1.000 Euro pro Monat
- 10.000 verdienen weniger als 200 Euro pro Monat - oft nur ein paar Euro pro Post
Das heißt: 98,7 Prozent der Influencer in Österreich können nicht davon leben. Und das ist nicht schlecht. Es ist realistisch. Wer das versteht, hat schon einen großen Vorteil.
Was kommt als Nächstes?
Die Zukunft gehört nicht mehr den Influencern mit den meisten Followern - sondern den Experten mit der größten Glaubwürdigkeit. Marken suchen nicht mehr nach Promis, sondern nach Leuten, die ihre Zielgruppe wirklich verstehen. Das ist die Chance für alle, die ehrlich sind, konsistent arbeiten und echte Werte liefern.
Wenn du dich fragst, ob du es schaffen kannst - dann fang nicht mit dem Posten an. Fang damit an, deine Expertise zu definieren. Was kannst du besser als andere? Wer braucht das? Warum sollten sie dir vertrauen? Beantworte das, und der Rest kommt von allein.
Kann man als Influencer in Österreich von einem einzigen Post leben?
Nein. Selbst die größten Influencer in Österreich brauchen monatlich mehrere Posts und zusätzliche Einkommensquellen wie Affiliate-Links, Kurse oder eigene Produkte. Ein einzelner Post bringt maximal 2.000 Euro - und das nur, wenn du über 500.000 Follower hast und eine große Marke ansprichst. Selbst dann reicht das nicht, um die Miete, Steuern und Lebenshaltungskosten zu decken.
Wie viele Follower braucht man, um von Social Media zu leben?
Es gibt keine feste Zahl. Einige schaffen es mit 50.000 Followern, wenn sie eine sehr spezifische Nische haben und hohe Engagement-Raten. Andere brauchen 500.000, weil sie in einer breiten Nische arbeiten. Wichtig ist nicht die Zahl der Follower, sondern die Qualität der Beziehung zu deiner Community. Marken zahlen für Vertrauen - nicht für Zahlen.
Ist TikTok oder Instagram besser für Einkommen in Österreich?
Beide Plattformen funktionieren - aber unterschiedlich. Instagram ist besser für langfristige Markenpartnerschaften und Produktverkäufe. TikTok ist schneller, aber instabiler: Viralität kommt und geht schnell. Wer in Österreich erfolgreich ist, nutzt beide - mit unterschiedlichen Inhalten. Instagram für tiefe Geschichten, TikTok für schnelle Tipps und Trends.
Wie hoch sind die Steuern für Influencer in Österreich?
Als Selbstständiger zahlst du Einkommensteuer, Sozialversicherungsbeiträge und eventuell Gewerbesteuer. Bei einem Einkommen von 30.000 Euro brutto im Jahr bleiben nach Abzug von 40 bis 50 Prozent etwa 15.000 bis 18.000 Euro netto übrig. Du brauchst einen Steuerberater - und du musst alle Einnahmen und Ausgaben genau dokumentieren. Wer das ignoriert, riskiert hohe Nachzahlungen.
Was passiert, wenn eine Plattform den Algorithmus ändert?
Viele Influencer verlieren bis zu 70 Prozent ihrer Reichweite, wenn Instagram oder TikTok den Algorithmus ändert. Wer nur auf eine Plattform setzt, ist gefährdet. Die Lösung: Du baust deine Community auf E-Mail-Listen, eigene Webseiten oder Newsletter auf. So bleibst du unabhängig. Die Follower auf Instagram sind nicht dein Eigentum - dein Newsletter ist das.
Sollte man eine Agentur engagieren?
Eine Agentur kann helfen, wenn du schon 50.000 Follower hast und regelmäßig Anfragen bekommst. Aber sie nimmt 20 bis 30 Prozent deiner Einnahmen. Für Anfänger ist das meistens nicht sinnvoll. Besser: Lerne selbst zu verhandeln, Verträge zu schreiben und deine Leistung zu bewerten. Das ist ein wichtiger Teil des Jobs.